Integrierte Studiengänge

Die integrierten Diplomstudiengänge sind das Kernelement des Reformmodells Gesamthochschule. Das Grundschema der Diplomstudiengänge bringt die zentralen Reformmerkmale zum Ausdruck: Der Zugang zu den integrierten Studiengängen war mit der Fachhochschulreife und dem Abitur möglich, in einer gemeinsamen Orientierungsphase sollte mögliche Unterschiede in Hinblick auf die Vorkenntnisse und Voraussetzungen für das Studium ausgeglichen werden.
Besonderes Kennzeichen der integrierten Diplomstudiengänge war zudem die Unterteilung in zwei Studienstufen. In Anlehnung an das in den angelsächsischen Ländern schon damals verbreitete Bachelor-Master-System sollte der gestufte Studiengang die individuelle Flexibilität in der Gestaltung des Studiums sowie die Chancengleichheit zum Erreichen eines höheren Abschlusses vergrößern. In dem Kasseler Modell der integrierten Studiengänge hatten alle Studierenden eines Studiengangs zunächst ein erstes, berufsqualifizierendes Diplom als Abschluss zu erwerben. Anschließend konnten die Studierenden selbst entscheiden, ob sie ein zweites, dem Universitätsabschluss vergleichbares Diplom II erwerben wollten. Das Kasseler Modell war damit das deutschlandweit einzige, das ein konsekutives Studiengangssystem vorbereitete, da die Gesamthochschulen in Nordrhein-Westfalen ein anderes Modell der integrierten Studiengänge umsetzten.
Eine weitere Besonderheit der integrierten Studiengänge war die Einbindung von zwei berufspraktischen Semestern in das reguläre Studium. Sie sollten einen wesentlichen Beitrag zur angestrebten Integration von Theorie und Praxis in der hochschulischen Ausbildung leisten, da sie, anders als Praktika, durch Vor- und Nachbereitungsveranstaltungen von der Hochschule begleitet und in der Lehre reflektiert wurden.
Neu an den integrierten Diplomstudiengängen in Kassel waren auch ein verpflichtend zu belegende Lehrveranstaltungen zu den sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen der künftigen Berufstätigkeit.
Die integrierten Diplomstudiengänge wurden über mehrere Jahre in zwei langfristig angelegten Modellversuchen entwickelt: ein Modellversuch „Soziale Studiengänge“ sowie ein Modellversuch „Einführung und Evaluierung integrierter Studiengänge in Architektur und Technik“. Zum Wintersemester 1974/75 nahm der integrierte Studiengang für soziale Berufe die ersten Studierenden auf, ein Jahr später starten die integrierten Diplomstudiengänge „Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung“ sowie „Konstruktions- und Fertigungstechnik im Bauingenieurwesen und Maschinenbau“. Die Ergebnisse aus den Modellversuchen wurden schließlich auf andere Bereiche übertragen: 1978 begann der integrierte Diplomstudiengang Wirtschaftswissenschaften, 1978 der integrierte Diplomstudiengang Agrarwissenschaft und 1980 wurde schließlich in der Elektrotechnik der letzte Fachhochschulstudiengang durch einen integrierten Diplomstudiengang abgelöst.
In jenen Fächern, die nur an Universitäten, nicht aber an Fachhochschulen etabliert sind, scheiterte die Einrichtung von gestuften, integrierten Diplomstudiengängen. In Mathematik und den klassischen Naturwissenschaften wurden auch in Kassel universitäre Diplomstudiengänge eingerichtet, in den traditionellen Geistes- und Sozialwissenschaften folgte die Einführung herkömmlicher Magisterstudiengänge.
Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung kommentierte Prof. Dr. Aylâ Neusel, die am Modellversuch für die Entwicklung des integrierten Diplomstudiengangs Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung beteiligt war, das hier ausgestellte Schema.