Die Henschelei soll es werden

Foto - 1975

Schon früh in den Planungen für die mögliche Gründung einer Universität hatte die Stadt Kassel Standortgutachten in Auftrag gegeben, die verschiedene potenzielle Flächen in der Stadt vergleichen sollten. Eine ganze Reihe von Gutachten entstand, keines hatte zunächst den Standort am Holländischen Platz im Blick, denn dieser war noch belegt. Das Kultusministerium hatte seine Präferenz von vornherein auf den Standort Dönche festgelegt und traf mit der Errichtung des AVZ in Oberzwehren eine Vorentscheidung für diesen Standort. Kassel sollte eine moderne Campus-Universität auf der grünen Wiese erhalten, auf der alle Fächer Platz haben. Die Stadt Kassel erhoffte sich dagegen von der Universität einen wichtigen Beitrag zur Stadtentwicklung, möglichst innenstadtnah sollte der künftige Standort sein und der Stadtbevölkerung offenstehen. 1972 sah man im Kasseler Rathaus nun die große Chance. Die Firma Rheinmetall gab den nicht mehr wettbewerbsfähigen Fabrikstandort am Holländischen Platz auf. Zunächst kaufte eine Bauvermittlungsgesellschaft das Gelände, die dort Wohnungen und Dienstleistungseinrichtungen errichten wollte. Die Spitzen der Stadt drängten nun darauf, dieses Gebiet für die Hochschule zu nutzen. Kultusminister Friedeburg und Gründungspräsidentin Rüdiger favorisierten anscheinend den Standort Dönche. Die Sache wurde schließlich auf höchster Ebene entschieden: in den Koalitionsverhandlungen. Wie der spätere Oberbürgermeister Eichel in der Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum der Hochschule berichtete, setzten sich hier die nordhessischen Koalitionsverhandler von SPD und FDP durch und brachten, völlig ohne Zusammenhang, den Satz „Standort GHS Kassel: Henschelei“ in den Koalitionsvertrag.

Von der Entscheidung musste nun im Oktober 1975 der Wissenschaftsrat überzeugt werden. Bei der Begehung lagen erste Pläne des Ausbaukonzepts mit mehreren Standorten vor. Auch die Ausbaukommission des Wissenschaftsrates, die über die finanzielle Förderung von Hochschulbauvorhaben durch den Bund entscheidet, hatte zunächst die Dönche präferiert. Nun stimmte sie der Henschelei als Standort zu, auch weil der völlige Neubau aller Bestandteile der Gesamthochschule an einem Ort finanziell nicht mehr möglich schien.