1993
Ein Jahr der Veränderungen: Das Kind hatte (endlich) einen neuen Namen, der alle zufriedenstellen sollte: Der Terminus Universität/Gesamthochschule Kassel sollte die Identifikation als wissenschaftliche Hochschule im internationalen Rahmen verbessern, zugleich aber in Deutschland das Festhalten an den Strukturmerkmalen des Reformprofils markieren. Aber die Student:innenvertreter waren nicht zufrieden. Sie verweigerten die Zustimmung zum neuen Namen und sahen das Reformprofil sowieso schon als stark dezimiert an. In diese Zeit fiel auch eine Veränderung im positiven Sinne: die lange ersehnte Aufnahme in die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Tiefgreifende Veränderungen der nächsten Jahre kündigten sich auf höherer Ebene an. 1993 nahm die grundlegende Debatte um die Struktur, Organisation und Finanzierung des deutschen Hochschulwesens an Fahrt auf. Kurzfristig stieg der Bund aus der Hochschulbauförderung aus, das Land Hessen kündigte zunächst an, den Anteil des Bundes für einige Projekte zu übernehmen, sah sich aufgrund von Einnahmeeinbrüchen zum Ende des Jahres hin jedoch zu einer strikten Sperre der Haushaltsausgaben in den Landesbetrieben und einer „Nullrunde“ bei den Einstellungen im kommenden Jahr gezwungen. Die Hochschulen hatten das Nachsehen. An der GhK musste der Ankauf notwendiger technischer Großgeräte warten.
Die Hochschulzeitung publik erschien zum letzten Termin des Jahres nur als einseitige Notausgabe mit einer im Konvent verabschiedeten Resolution, die die wachsende Verbitterung gegenüber der Bundes- und Landespolitik verdeutlichte. Die finanziellen Schwierigkeiten befeuerten die Frage nach Struktur- und Organisationsreformen der Hochschulen, um die hohe Zahl der Student:innen zu bewältigen und überlange Studienzeiten sowie ineffektive Mittelverteilung zu vermeiden. Die Hochschulrektorenkonferenz hatte schon 1992 gestufte Studiengänge als mögliches Lösungsmodell ins Spiel gebracht. Nun empfahl sie die Stärkung von Autonomie sowie die Aufnahme von Marktwirtschaftsorientierung und Wettbewerbselementen. Hessen setzte eine Hochschulstrukturkommission an. Die GhK hoffte, die ihr einst zugedachte Vorreiterrolle für gestufte Studiengänge doch noch einnehmen zu können, auch weil man ihr im Vergleich mit anderen Universitäten kürzere Studienzeiten attestierte. Doch zunächst musste sich die Hochschule an den kontroversen Ergebnissen verschiedener Rankings abarbeiten. Veränderung auf dem Weg hin zu einer ökologischen Wende forderten derweil die Student:innen und machten deutlich, dass Fragen von Ökologie und Umweltschutz an der GhK nicht nur Sache der Forschung waren.