1988
Das Verhältnis zwischen Wiesbaden und Kassel, genauer zwischen dem Wissenschaftsministerium bzw. dem für die Lehramtsausbildung zuständigen Kultusministerium und der Gesamthochschule bestimmen mehrere Konflikte. Für die für das Wissenschaftliche Zentrum Mensch – Umwelt – Technik vorgesehene Professur für sozial- und umweltverträgliche Technikentwicklung verweigert das Ministerium erneut seine Zustimmung, weil das Zentrum auch ohne professorale Leitung arbeiten könne. Wesentlich größer ist der Konflikt um die Neuordnung der Lehramtsausbildung. Gegen die unzureichende Partizipation der Universitäten an der Ausarbeitung des neuen Lehrerbildungsgesetzes und gegen die Rückführung der Stufenlehrer:innenausbildung in ein schulformspezifisches Ausbildungssystem organisierte sich in der GhK lauter Widerstand, der Konvent fasst den nahezu einmütigen Beschluss: „Besonderheiten der Kasseler Lehrerausbildung erhalten“. Durch dieses solidarische Festhalten an den Reformelementen sah sich das Kultusministerium gezwungen, schrittweise einzulenken. Konflikte gab es aber auch nach innen. Bei den anstehenden Wahlen für das Amt des Präsidenten und des Vizepräsidenten ging es nicht nur um den „richtigen Kandidaten“ oder die „richtige Kandidatin“, sondern um die Dominanz der GEW-Liste und um die Konzepte für die Erneuerung der Hochschule. Trotz der sich andeutenden Konflikte wurde Dr. Ayla Neusel im Amt der Vizepräsidentin bestätigt. Geändert hat sich die Person des Kanzlers: Auf Dr. Hubert Sauer, der schon zum Ende des WS 1987/88 in das Wissenschaftsministerium wechselte, folgte zum 1. Dezember 1988 der Jurist Dr. Hans Gädeke, vorher langjähriger Leiter der Fachhochschule Wiesbaden.
Hatte es sich schon zu Beginn der 1980er gezeigt, dass Wahlen der Hochschulleitung konfliktgeladene Vorgänge waren, so bestätigte sich dies auch am Ende dieses Jahrzehnts. Der Präsident Neumann stellte sich zur Wiederwahl. Weitere Kandidat:innen waren die Vizepräsidentin Neusel und der Leiter des Zentrums für Berufs- und Hochschulforschung, Prof. Dr. Ulrich Teichler. In keinem Wahlgang erreichte einer die erforderliche Mehrheit.
Abseits dieser hochschulpolitischen Konflikte, auf den Studienalltag und auf Forschung sowie Lehre bezogen, konsolidiert sich die Hochschule. Für den studentischen Mittagstisch ist mit der Mensa ein neuer Ort geschaffen worden. Mit dem Projekt „Nora“ wurden die ersten Schritte hin zur familienfreundlichen Hochschule vorbereitet.
Mit der Gründung des ISET und einem weiteren Durchgang der Offenen Frauenhochschule wurden weitere Bausteine hin zur Nachhaltigkeit und Diversität aufgeschichtet.