1985
Das Gesicht der Hochschule nahm Gestalt an: Zehn Jahre nach dem Kauf der ehemaligen Henschelei wurde das neue Hochschulquartier im November des Jahres offiziell eingeweiht, wichtige Einrichtungen wie Mensa und Bibliothek waren noch eine Baustelle. Nicht nur die Ziegelsteine der Neubauten nahmen die Vergangenheit des Geländes auf. Mit der Installation des Kunstwerks „Die Rampe“ wurde in künstlerischer Form ein Mahnmal zur Erinnerung an die Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus, in der rund 6.000 Zwangsarbeiter für die Firma Henschel tätig waren, geschaffen.
Das neue Hochschulquartier sollte demgegenüber in seiner Architektur Menschlichkeit und Offenheit verkörpern, einen Campus, der lebt und auf dem Menschen leben. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, über funktionale Schwächen der neuen Gebäude im Inneren hingegen weniger. In einem Fernsehbeitrag des Hessischen Rundfunks offenbarten Mitglieder der Hochschule einige diese Schwächen, Student:innen fragten in der AStA-Zeitschrift: „Behindertengerechte Hochschule?“ Lob gab es von der angereisten Ministerin, Vera Rüdiger. Aus ihrer Sicht gehörten die Gebäude zu den ansprechendsten, die das Land Hessen bisher gebaut habe. Sie sagte weitere Unterstützung zu, räumte aber ein, dass die Zuweisungen an Personalstellen unbefriedigend seien. Für Tumulte während der Einweihung sorgten Student:innen des Sozialwesens, die aufgrund von geplanten Neuerungen zur Staatlichen Anerkennung von Sozialarbeitern eine endgültige Zerschlagung des Reformstudiengangs Sozialwesen befürchteten.
Gänzlich ohne Kontroversen und Kritik konnten die ersten beiden Ehrendoktorwürden der Gesamthochschule Kassel überreicht werden. Ehre, wem Ehre gebührt?
Die Ehrung einer Person, vor allem aber einen nach außen hin prestigeträchtigeren Namen als „GhK“ wünschten sich Teile der Hochschule und der Stadtbevölkerung schon länger. Nun starteten HNA und Hessischer Rundfunk eine öffentliche Umfrage für einen Namen. Das Ergebnis war eindeutig, die Hochschule nahm den Vorschlag aber nicht auf. Der Favorit der Bürger:innen wurde auf andere Weise von der Hochschule gewürdigt: Dank einer Stiftung konnte die Hochschule erstmals die Brüder-Grimm-Gastprofessur besetzen.
Literatur zu den Veranstaltungen der Gastprofessur wie auch zu allen anderen Veranstaltungen suchten Student:innen und Dozent:innen 1985 in der Regel in Karteikästen oder gedruckten Verzeichnissen. Mit einem neuen Computer und dem Zugang zu über 300 Datenbanken kündigte sich jedoch (langsam) ein tiefgreifender Wandel in der Suche nach Literatur und damit auch im wissenschaftlichen Arbeiten an.