Zwischen Bildungsreform und Nachhaltigkeit
Diese digitale Ausstellung gibt vielfältige Einblicke in die ersten fünf Jahrzehnte der Universität Kassel. Dafür werden rund 250 Quellen visueller, schriftlicher wie auditiver Art präsentiert, begleitet von knappen Erläuterungen und einigen Hinweisen zu den einzelnen Jahren. Der Weg durch die Ausstellung kann dem Zeitstrahl folgen. Lässt man sich von einem der 30 Schlagworte leiten, wird es eine thematische Erkundung der Universitätsgeschichte.
„heute für morgen“ – und wie war das gestern?
Es gibt sie nicht: die Geschichte der Universität Kassel. Vielmehr verweben sich viele Geschichten aus verschiedenen Standorten und diversen Standpunkten. Sie verlaufen mal parallel zueinander, manchmal überschneiden sie sich. Diese Geschichten als Deutungsmuster der Vergangenheit basieren auf unterschiedlichen Dokumenten: auf Gesetzestexten, politischen Erklärungen, ministeriellen Erlassen, persönlichen Erinnerungen, Fernsehbeiträgen, Rundfunksendungen, Zeitungsartikeln, Leser:innenbriefen, auf Zeichnungen, Grafiken und anderem.
Universitätshistoriker:innen beschäftigen sich schon länger mit der Frage „Wie schreibt man ‚zeitgemäße‘ Universitätsgeschichte?“ Eindeutige Antworten und damit zugleich eine Vorlage für eine Geschichte der Universität Kassel finden sich in der Literatur nicht. Unseren Versuch, viele Geschichten abzubilden und zugleich neue Erzählungen anzuregen, präsentiert diese digitale Ausstellung. Sie bietet Einblicke in ein Netzwerk von Quellen, welche die Gesamthochschule/Universität Kassel in den letzten fünf Jahrzehnten umschreiben. Für die einen war die Hochschule 50 Jahre ein sicherer Arbeitsplatz in einer vormals strukturschwachen Region im Zonenrandgebiet, für andere bildete die Gesamthochschule eine Basis, um über studentische Projekte zu erfolgreichen kulturellen und industriellen Unternehmer:innen zu werden. Für viele Jugendliche aus Nordhessen war es der einzige finanzierbare Studienort, andere ließen sich mit der documenta nach Kassel oder über die ökologische Landwirtschaft nach Witzenhausen locken. Die Gesamthochschule Kassel war eine frühe Forschungsstätte für Nachhaltigkeit, die Kunsthochschule ein kreativer Ort, der internationale Preise ermöglichte. Die Gesamthochschule/Universität Kassel war Provinz und manchmal international. Diese Vielfältigkeit einer tertiären Bildungsinstitution ist schwer zwischen zwei Buchdeckel zu bringen, egal ob man dafür 500 oder 5.000 Seiten einplant.
Ordnung und Einladung
In dieser Ausstellung präsentieren wir für jedes Kalenderjahr in der Regel fünf Quellen mit knappen Erläuterungen. Die Multiperspektivität auf Universität bestimmte deren Auswahl, verschiedene Fächer- und Statusgruppen galt es zu repräsentieren. Die hierarchische Anordnung versucht eine Gewichtung der Themen. Die Jahrestexte informieren und setzen dabei Schwerpunkte. Der Titel bietet mit den beiden Begriffen Bildungsreform und Nachhaltigkeit eine Lesart für 50 Jahre Gesamthochschule/Universität Kassel an. Aber dazwischen steht das „und“. Es steht für das, was Universität jenseits großer Utopien und mangelnder Handlungsoptionen auch noch ausmacht.
Mit dieser offenen Konzeption laden wir Sie ein, Ihre Geschichte der GhK/Universität Kassel aufzuschreiben, uns Quellen aus privater Hand zur Verfügung zu stellen. Denn damit fügen Sie weitere Bausteine zur Universitätsgeschichte ein.